Inserate werden als Reportagen getarnt, Mythen als recherchierte Tatsachen hingestellt – so bewirbt die Sexindustrie mit Hilfe von Medien ihre Prostitutionslokale. Der Österreichische Presserat hat nun diesbezüglich eine interessante Entscheidung getroffen.

Der Österreichische Presserat, eine Einrichtung, für seriösen und verantwortungsvollen Journalismus, hat kürzlich festgestellt, dass ein Artikel im Kärntner „Gailtal Journal“ über ein großes „Erotic-Hotel“ gegen den Ehrenkodex der österreichischen Presse verstoßt. Und zwar gleich mehrmals: Zum einem wegen seiner ‚herabwürdigenden’ Herangehensweise und der Wiedergabe von unbewiesenen Behauptungen, zum anderem wegen des Vortäuschens von Objektivität.

Der Artikel, der wie eine Reportage aufgemacht ist und im Kulturteil der Zeitung erschien, stellte das „Erotic-Hotel“, sein Innenleben und die Arbeitsbedingungen der Prostituierten in den schönsten Farben dar. Zwar war der Beitrag unten links mit einer Kennzeichnung „Anzeige“ versehen, aber in weißer Schrift und so winzig, dass nach Auffassung des Presserats der Werbecharakter des Beitrags „offenbar bewusst verschleiert“ wurde. Zitat aus der aus der Entscheidung des dafür zuständigen Senats unter dem Vorsitz von Irmgard Griss: „Es wird der Anschein von Objektivität erweckt und der Eindruck vermittelt, dass es sich um einen unabhängig recherchierten journalistischen Beitrag handelt“, was ebenfalls den Grundsätzen der Medienethik widerspreche. Der Presserat kritisierte in seiner Entscheidung außerdem, dass Prostituierte nicht als Dienstleisterinnen beschrieben werden, die nicht sich selbst, sondern lediglich ihre sexuellen Dienste verkaufen, sondern in erster Linie als Objekt. Die beiden Autorinnen stellen sie nämlich als „wunderschön proportioniert“ oder als „eine schöner wie die andere“ dar. „Da schaut sogar Frau gerne hin und verblasst ein bisschen vor Neid“.

Weiters bemängelt der Presserat die Widergabe unbewiesener Behauptungen alá „Gäbe es ‚solche Damen’ nicht, wären wahrscheinlich viel mehr Sexualverbrechen an der Tagesordnung“. Der Kommentar des Presserats dazu: „Ohne dafür Belege zu nennen, wird hier suggeriert, dass es ohne Prostitution ‚viel mehr Sexualverbrechen’“ gäbe. Dies verstoße gegen Punkt 2 des Ehrenkodex, der Forderung nach Genauigkeit in Recherche und Wiedergabe von Nachrichten.

Gemäß Verfahrensordnung des Presserats, wurde die Medieninhaberin aufgefordert, die Entscheidung freiwillig im „Gailtal Journal“ zu veröffentlichen bzw. bekannt zu geben.

Ehrenkodex für die österreichische Presse