Sexkauf degradiert Sexualität zur Ware und suggeriert, dass Frauen – und zwar alle Frauen – permanent sexuell verfügbar sind. Von da ist es nur ein kleiner Schritt zur sexuellen, tödlichen Gewalt. Bedauerlicherweise wird dieser Zusammenhang auch von der Mehrzahl der SPÖ-Frauen ignoriert.  Ein Kommentar von Susanne Riegler

An jenem Wochenende, als in Wien-Donaustadt eine junge Frau Opfer einer grauenhaften Gewalttat geworden ist, haben die SPÖ-Frauen auf ihrer Bundeskonferenz einen Antrag „Sexarbeit ist Arbeit“ beschlossen, in dem die gesellschaftliche Aufwertung von Sexarbeit und Anerkennung als sozialversicherungspflichtige Arbeit gefordert wird. 2002 hat die ‚Schröder-SPD‘ versucht das Gleiche umzusetzen und ist gescheitert: 18 Jahre später sind die „aufgewerteten“, sozialversicherten „Sexarbeiterinnen“ an einer Hand abzuzählen. Dafür aber wurden der Menschenhandel und die Armut unter den v.a. aus Rumänien, Bulgarien, Ukraine, Moldawien, China …. stammenden zig-tausenden Prostituierten extrem befeuert, da der liberalisierte Markt nach ‚Ware‘ lechzt und die Preise ins Bodenlose fallen lässt. Warum glaubt man es hierzulande besser zu wissen? Und: glaubt man wirklich, dass es zwischen der den Männern großzügig eingeräumten Möglichkeit, Frauen/Menschen gegen Geld zu benützen und der Gewalt gegen Frauen im Allgemeinen keinen Zusammenhang gibt?? Ausgerechnet die Sozialdemokratinnen haben beim Thema Prostitution lediglich neoliberale Lösungsansätze parat, indem sie das ‚Recht‘ nach individueller Selbstausbeutung einfordern?!  Dass sie damit eine milliardenschwere, sexistische und neokolonialistische Sexindustrie stärken, nehmen sie in Kauf.

Man kann es nicht oft genug sagen: Sexkauf degradiert Sexualität zur Ware und suggeriert, dass Frauen – und zwar alle Frauen – permanent sexuell verfügbar zu sein haben und Huren, Bitches und Nutten sind. Wörter, die längst in der Alltagssprache angekommen sind und die sich bereits Kinder im Klassenzimmer an den Kopf werfen. Wörter die dazu dienen, Frauen zu demütigen.

Neben der Anerkennung als sozialversicherungspflichtige Arbeit fordern die SPÖ-Frauen auch die Verankerung einer Interessensvertretung für Sexarbeiter_innen. Eigentlich unfassbar, dass Gewerkschafter_innen  – etliche haben für den Antrag gestimmt – in Erwägung ziehen, dass man einem Handel mit dem eigenen Körper zustimmen könnte!!

Die Selbstverständlichkeit, mit der Männern das Benützen von Frauen zugestanden wird, wird bei der Forderung nach Aufwertung der „Sexarbeit“ nicht hinterfragt. Und auch nicht, dass es in der Prostitution nicht um Sexualität, sondern um Geld und Macht geht. „Bei der Prostitution ist die Einwilligung in die sexuelle Handlung ein Vorgang, bei dem derjenige, der zahlen kann, das Recht hat, diejenigen zu unterwerfen, denen keine andere Wahl bleibt……Wenn sich die Herrschaft des Geldes mit der Herrschaft der Männer verbindet, wird die Macht unerträglich“. Mit diesen Worten hat eine französische Genossin, die sozialistische Frauenministerin Najat Vallaud-Belkacem 2013 die Abgeordneten in einer flammenden Rede auf das ‚Nordische Modell‘ eingeschworen. 2016 war es dann tatsächlich so weit: Frankreich führte ein Sexkaufverbot ein und unterstützt seit dem mit viel Geld die Prostituierten beim Ausstieg. Seit kurzem gibt es einen Zwischenbericht, der durchaus zufriedenstellend ausgefallen ist. Menschenhandel und Zuhälterei werden in die Schranken gewiesen und Frauen haben wieder Alternativen abseits von Gewalt und Armut – zumindest in jenen Regionen, wo das Gesetz nicht boykottiert, sondern beherzt umgesetzt wird. Neben Frankreich gibt es auch in Schweden, Norwegen, Island oder Kanada gute Erfahrungen mit der Entscheidung, den Sexkauf zu verbieten. Auch wenn die Bordellbetreiber_innen-Lobby gebetsmühlenartig das Gegenteil behauptet. Die genannten Länder erachten es als menschenunwürdig Prostitution als Arbeitsplatzoption in Erwägung zu ziehen, u.a. weil das System hochgradig gewalttätig ist.

Es wäre schön, würden die SPÖ-Frauen darüber reflektieren, ob Frauen nicht Besseres verdient haben, als in neokolonialistischer Manier die sexuellen Bedürfnisse von Männern zu befriedigen. Und auch darüber, wie sehr das System Prostitution die Abwertung aller Frauen und in der Folge Frauenhass und Frauenmorde befeuert.